Samstag, 14. Mai 2011

Radioaktive Abfälle aus der Gasindustrie

Natürliche radioaktive Substanzen entstehen nicht nur im Uranbergbau, sondern auch bei der Verbrennung von Kohle, bei der Stahlerzeugung und selbst in Wasserwerken. Weitgehend unbekannt, verheimlicht und ignoriert ist, dass mit jedem Barrel Öl und jedem Kubikmeter Gas große Mengen radioaktiver Abfälle an die Oberfläche gepumpt werden. Schlämme, Abwässer und Ablagerungen sind mit Radium 226, Polonium 210 und anderen gefährlichen Stoffen versetzt. Allein in Deutschland werden auf diese Weise 700 bis 1700 Tonnen radioaktiver Müll jährlich produziert (laut GRS, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit in Köln). Darüber berichtete der Deutschlandfunk am 05.02.10.
In einem Essener Unternehmen z.B. lagerten Rückstände, die laut TÜV-Bericht eine spezifische Radioaktivität von 40 Becquerel pro Gramm aufwiesen, ohne jede Kennzeichnung über Monate auf dem Betriebsgelände. Zum Vergleich: Die mittlere Belastung von Boden und Gestein liegt bei 0,03 bq/g! (Becquerel ist die Maßeinheit für die Menge eines radioaktiven Isotops in einem Material und benennt den Zerfall dieses Isotops pro Sekunde. Diese Maßeinheit hat nichts mit der radioaktiven Strahlung zu tun, die meist in Sievert gemessen wird.)
In dem Endmaterial befindet sich das hochgiftige und extrem langlebige (Halbwertzeit von 1.600 Jahren) Radium 226, ein starker Alpha-Strahler, der vor allem gefährlich ist, wenn es direkt in den Körper gelangt. Es kann Lungen- und Knochenkrebs auslösen. Ein Zerfallsprodukt ist Radon, ein radioaktives Gas, das die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs ist.

Aber was geschieht mit dem kontaminierten Abfall?

Seit 2001 sind die radioaktiven NORM-Abfälle (sogenannte NORM-Stoffe, naturally occurring radioactive material - radioaktive Isotope aus der Natur, die in der Natur für eine mittlere Belastung von Boden und Gestein von 0,03 bq/g sorgen, im Endmaterial aber 40 Becquerel pro Gramm aufweisen können) aus der Öl- und Gasindustrie in der Strahlenschutzverordnung aufgeführt. Rückstände ab einer Belastung von 1 Becquerel pro Gramm müssen danach gesondert entsorgt werden. Doch eine Kontrolle der Öl und Gas fördernden Unternehmen, bei denen der Abfall entsteht, ist ausdrücklich nicht vorgesehen. Das Bundesamt für Strahlenschutz schreibt auf seiner Internet-Seite zu den Bestimmungen über NORM-Stoffe in der Strahlenschutzverordnung:

"(...) Untersuchungen führten zur Festlegung einer Anzahl 'überwachungsbedürftiger' Rückstände, bei deren Beseitigung oder Verwertung Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung erforderlich werden können (...). Dabei hat der Gesetzgeber auf den sonst im Strahlenschutz üblichen Genehmigungsvorbehalt verzichtet; die Umsetzung der Erfordernisse des Strahlenschutzes geschieht weitgehend in Eigenverantwortung der betroffenen Betriebe."

Deutschlandfunk: "Die Industrie kontrolliert sich also weitgehend selbst - und das in dem so sensiblen Bereich der radioaktiven Abfälle. Solch "großzügiger" Umgang führt nicht nur zu einer potenziellen Gefährdung von Dritten durch unsachgemäße Entsorgung der gefährlichen Rückstände. Auch die Gesundheit der Mitarbeiter der Öl- und Gasunternehmen selbst wird gefährdet. Denn über Jahrzehnte wurden diese Abfälle meist völlig sorglos und unsachgemäß beseitigt - teils aus Unkenntnis, teils wegen fehlender gesetzlicher Bestimmungen, teils aus rein ökonomischen Gründen."

In Deutschland gibt es drei Unternehmen, die im nennenswerten Umfang Erdöl und Erdgas fördern:
Die BASF-Tochter Wintershall, die RWE-Tochter DEA und der deutsche Ableger des US-Multis Exxon. Die Industrie verharmlost das Problem, die Politik ignoriert es.

3 Kommentare:

  1. Hallo,
    hast du Quellen, die du angeben könntest, bezüglich deinen Werten. Irgendwie find ich im Internet nichts verlässliches. Im speziellen würde mich der TÜV-Bericht interessieren.
    Gruss

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    1. Hallo @Anonym Feb 15, die Informationen stammen von Jürgen Döschner, DRadio Wissen: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/1119961/
      (Der Link im Text ist wirklich schlecht zu erkennen). Erwähnt wird ein TÜV-Bericht ohne genauere Quellenangabe, aber die sollte Jürgen Döschner zur Verfügung stellen können.
      Viele Grüße!

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    2. Hallo,
      habe leider erst heute diesen Dialog gelesen. Ich bin der Autor der zitierten Stories, die übrigens zuerst im WDR veröffentlicht wurden. Bei Nachfragen zu speziellen Punkten, wenden Sie sich bitte über die folgende Mailanschrift an mich: wirtschaft.radio@wdr.de (mit dem Hinweis: "Bitte an Jürgen Döschner weiterleiten")
      Viele Grüße
      Jürgen Döschner

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